Assessment Center
Schulische und universitäre Prüfungen haben etwas artifizielles: Nie wieder im beruflichen Leben wird die Leistungsbewertung so komprimiert auf eine ganz konkrete Prüfungssituation stattfinden, ohne dass das Davor oder das Danach eine große Rolle spielt. Es gibt für Klausuren keine Entsprechung im bürgerlichen Leben.
Noch am nächsten kommen den universitären Prüfungen im Berufsleben Assessment Center bei Einstellung oder Beförderung. Doch geht es bei Klausuren um einen abgegrenzten Stoff, dessen performative Kenntnis abgefragt wird, geht es in Assessment Centern um etwas anderes: Kann der Bewerber die Erwartungen, die an ihn gerichtet sind, (1) erkennen und (2) erfüllen. Schon in der ersten Aufgabe liegt eine Herausforderung: Unterschiedliche Konzerne mit unterschiedlichen offiziell verlautbarten Unternehmenskulturen haben auch unterschiedliche Anforderungen an den Habitus ihrer Neuzugänge. Auch über Hierarchieebenen kann sich die Erwartung verschieben. Es ist die Aufgabe der Bewerber, diese Erwartungen zu (er)kennen. Und dann gilt es auch noch, diese erkannte Erwartung durch gezeigtes Verhalten spontan und womöglich in einer künstlich herbeigeführten Stresssituation auszufüllen.
Damit hat das Assessment Center zwar das artifizielle der Situation mit der universitären Prüfung gemeinsam, es werden anders als bei letzterer allerdings Fähigkeiten getestet, die für den beruflichen Erfolg maßgeblich sind: Erwartungen erkennen und erfüllen zu können, ist ein wesentlicher Eckpfeiler der Konzernkarriere. Im Prüfungsgegenstand ist das Assessment Center damit lebensnah und keineswegs artifiziell.